„Segeln ist die teuerste Art, langsam unbequem zu reisen“ - Diesen Spruch hörte ich früher häufiger von meinem Vater. Könnte er hier sein, hätte er ein breites Grinsen auf dem Gesicht und würde sagen: „ich habe es dir ja gesagt“.
Sicher - das ist die eine Seite der Medaille. Auf der Anderen steht aber das unglaublich intensive Erleben bei dieser „beschwerlichen“ Art der Fortbewegung.
Die Aufregung vor dem nächsten Trip beim Auslaufen aus dem Hafen, die Fernblicke, die 100 verschiedenen Blautöne, die Dunkelheit der Nacht auf dem Wasser, die kurzen Momente des Wegdösens bei der Freiwache, das Wasserglucksen, wenn das Schiff seine Bahnen durch die Wellen zieht, die Freude auf den langsam näher kommenden Hafen, die Müdigkeit in den Knochen beim Ankommen.
Alles an dem Spruch stimmt - aber er sagt nicht aus, wie schön es sein kann, langsam und unbequem zu reisen.
Nach einigen Regentagen die wir in Dieppe verbrachten, wollten wir am Donnerstag, den 04.08. auslaufen. Da die Wettervorhersage wieder einmal viel Wind aus Westen versprach, zogen wir nachmittags das kleinere Vorsegel (unsere Selbstwendefock) auf und stellten fest, dass eine Segellatte fehlte und aufgerissene Nähte zum Vorschein kamen. So konnten wir natürlich nicht zur nächsten Etappe aufbrechen. Also - Segelmacher ausfindig machen. Segel in den Bollerwagen des Nachbarschiffs verpacken und durch die Stadt kutschieren, um es nähen zu lassen.
An dieser Stelle verweise ich kurz noch einmal auf den Spruch und die Komponente „….die teuerste Art des Reisens“ ;-) That’s life.
Nachts war der Wind mit 25 Knoten, aus der Richtung in die wir wollten, deutlich zu viel. Daher warteten wir noch eine ganze Tide ab und legten erst am nächsten Tag um 13:30 Uhr ab. 14,5 Stunden später hatten wir 73 Seemeilen hinter uns und waren um die die Erkenntnis reicher, das gegen den Gezeitenstrom zu segeln, die ALLERLANGSAMSTE Art der Fortbewegung ist.
Aber was will man machen. Nicht immer liegt ein passender Hafen auf dem Weg zwischen zwei Orten. Um 04:00 Uhr morgens legten wir in Le Havre an und fielen für ein paar Stunden in unsere Kojen. Nachmittags waren wir ausgeruht genug, um gleich die nächste Nachtfahrt mit etwa gleicher Distanz dranzuhängen. Nun aber herrlich ruhiges Wasser, ein Sonnenuntergang vom Allerfeinsten und eine Nacht unter einem Sternenzelt aus dem permanent Sternschnuppen herabrieselten. So wie der Tag ging, kam er am nächsten Morgen zurück. Sonnenaufgang und die Hafeneinfahrt von Cherbourg voraus.
Schöner kann eine Fahrt durch die Nacht wohl kaum sein. In Cherbourg trafen wir auch die "Lady Sunshine" wieder, die frischgefangene Makrelen für den Grill dabei hatten und lernten die Crew der „Kopernik“ kennen, die auf der gleichen Route unterwegs sind wie wir. Allerdings mit einem Mehr an Zeit. Deren Reise ist nach hinten vollkommen offen.
Zeit... - davon haben wir hier eine ganze Menge. Also, kein Problem für uns „….langsam und unbequem zu reisen“.