Wenn der Urlaub zum Alltag wird...


Die Aufregung und die Anspannung der ersten Wochen sind vorbei. Die Biskaya liegt im Kielwasser und das scheinbar immer im Nebel liegende Kap Finisterre, an Spaniens nordwestlichster Ecke ist umrundet. Die Schiffe und ihre Crews, die mit uns in La Coruna lagen, sind weiter gen Süden gezogen und haben jetzt neue Stegnachbarn.

 

Keine netten Ablenkungen mehr vom Alltag an Board - …da fällt dann auch gleich auf, dass der Kühlschrank mal wieder leer ist, der Wäscheberg größer statt kleiner geworden ist und das Bad dringend geputzt werden müsste. 

Aber vorher, als kleine Ablenkung von den anstehenden Aufgaben, nur nochmal schnell die Mails checken und im Internet nach dem aktuellen Seewetterbericht schauen. Vorne im Schiff, kurz unter der Luke war doch gestern noch ein Hauch von Netz… nein, doch nicht. Vielleicht ja draußen am Heck… ein Balken... einwählen - warten - warten - warten… nein - doch nicht. Grrrr. 

 

Na gut - dann sich eben doch den unliebsameren Aufgaben widmen. Nutzt ja nichts. Mit der Wäsche über der Schulter gehts zum Sanitärgebäude mit Waschmaschine und Trockner. „Eine Wertmarke, um die Maschine zum Laufen zu bringen? Braucht man die nicht?“ wird sich der aufmerksame Leser an dieser Stelle fragen. Richtig - die braucht man hier. Das Geld dafür liegt im Schiff. Also, umdrehen und den langen Weg zurück am Marinabüro vorbei, über den Steg zum Schiff. Mit Kleingeld in der Tasche gehts zurück über den Steg zum Büro, um dort die begehrte Waschmaschinenwertmarke zu kaufen. Dann weiter mit der Wäsche über der Schulter zum Sanitärgebäude. 

Die Waschmaschine ist belegt - wie sollte es anders sein?! Noch 10 Minuten, nach Zeitrechnung der Miele-Waschmaschinen-Programmierer. Da lohnt es sich ja nicht zum Schiff zurückzugehen. Die 10 Minuten wird man ja wohl warten können. Vielleicht funktioniert das Internet hier vorne ja besser. Drei Balken zaubern mir ein Lächeln ins Gesicht und lassen es genauso schnell wieder verschwinden, als ich nach dem Passwort gefragt werde. Das liegt im Schiff.

10 Miele-Waschmaschinen-Programmiererminuten dauern nach Echtzeit im wahren Leben 19 Minuten. Soll einer verstehen. Na ja - auch nicht so schlimm. Vielleicht sind es spanische Miele-Minuten. Hab ja Zeit. Meine aufgesetzte Maschine sagt eine Waschdauer von einer Stunde und 53 Minuten voraus. Mit den 19 Miele-Minuten on top, bleiben also mehr als zwei Stunden für die anderen Sachen auf der ToDo Liste. Aber vorher am Schiff nochmal schauen, ob das Internet jetzt funktioniert. Das ging doch gestern noch kurz. Das gibt’s doch gar nicht. 

Aufräumen und Saubermachen sind nach einer Stunde fast erledigt. Jetzt noch schnell spülen… wenn nicht der Wassertank leer wäre. Also, Gartenschlauch aus der hinterletzten Ecke des Schiffs herauskramen, verlegen und am Steg anschließen, um Wasser in „Herr Nilssons“ Tanks zu füllen. 

 

Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät nicht nur, dass noch ca. 45 Miele-Minuten bis Waschmaschinenende bleiben, sondern auch, dass es längst Mittagszeit ist. Da meldet sich auch direkt ein kleines Hüngerchen, als könne es die Uhr lesen. Der Blick in den Kühlschrank macht diesem allerdings unmissverständlich klar, dass er sich noch ein wenig gedulden müsse. Der Einkauf ist nicht länger aufschiebbar. Nutzt ja nichts… Für den Weg zum Supermarkt wären Wanderschuhe eigentlich angemessen, da die Distanz zum Supermarkt mehr Wanderung als Spaziergang ist. 

Eine gute Stunde später sind wir zurück am Schiff. Hätten wir die Länge unserer Arme vorher gemessen, könnte man jetzt sicherlich eine nicht unerhebliche Armverlängerung aufgrund überschwerer Plastiktüten nachweisen. 

Bevor die mittlerweile überfällige Waschmaschine die Aufmerksamkeit bekommt die ihr zusteht, müssen wir erstmal eine Kleinigkeit essen. Aber nicht, ohne vorher alle eingekauften Sachen von Papier und Karton zu befreien und gründlich am Steg abzuwaschen. Wir wollen ja keine Kakerlakeneier als blinde Passagiere in unserem Schiff haben. Der Platz an Board reicht gerade mal so für uns beide.

 

Nach dem Essen wird erneut der Weg zum Sanitärgebäude angetreten, um die mittlerweile saubere und längst überfällige Wäsche in den Trockner zu stecken. Diesmal nicht, ohne den Internetcode vorher einzustecken. Über den Steg, vorbei am Marinaoffice gehts zum Wäscheraum. Erstmal schnell Mails checken und nach dem aktuellen Seewetterbericht schauen. Das Häkchen hinter dem erfolgreich eingegebenen W-Lan Code zaubert mir erneut ein Lächeln ins Gesicht. Endlich Internet! War das gestern auch schon so langsam?

Aber hey - nicht meckern. Immerhin funktioniert es…. ein bisschen zumindest. Jetzt noch die Wäsche in den Trockner stecken und die Münze einwerfen. Wo war die noch gleich…? Liegt im Schiff! War ja klar… 

 

Aber - wir haben ja Zeit. Und wollen daher in keinster Weise meckern. Alles dauert hier einfach viel länger als zu Hause. Und? Ist das schlimm? Überhaupt nicht! Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, hat die Entdeckung der Langsamkeit durchaus etwas sehr Entspanntes.

 

Nach einer Woche in Muros, warfen wir die Leinen los und brachen in Richtung der vorgelagerten Islas Cies auf, wo alte Bekannte bereits auf uns warteten. Vor Anker liegend, mit Blick auf den Strand, war der gefühlte Alltag der letzten Tage in nullkommanichts meilenweit entfernt. Die zwei haben sich ganz gut miteinander arrangiert, könnte man sagen…

Der Urlaub und der Alltag.

 

 

So - ich versuche mal diesen Blogbeitrag hochzuladen. Sicherlich ist das Netz hier am Steg zu schwach dafür. Vielleicht geht es vorne am Hafenbüro. Jetzt nur nicht vergessen das Passwort mitzunehmen ;-) AHOI